Schweiz: „Komplementärmedizin soll anderen Fachrichtungen gleichgestellt werden“


Diese Argumentation schlägt doch dem Fass den Boden aus …

Komplementärmedizin soll anderen Fachrichtungen gleichgestellt werden

Bern, 02.05.2014 – Die Leistungen der anthroposophischen Medizin, der traditionellen chinesischen Medizin, der Homöopathie und der Phytotherapie sollen grundsätzlich von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen werden. Dabei sollen umstrittene Leistungen gezielt daraufhin überprüft werden, ob sie wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind. Mit diesem Vorgehen möchte das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) einem Verfassungsauftrag nachkommen.

Im Mai 2009 haben Volk und Stände den neuen Verfassungsartikel zur Besserstellung der Komplementärmedizin deutlich angenommen. Seit 2012 übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) provisorisch bis 2017 ärztliche Leistungen der anthroposophischen Medizin, der traditionellen chinesischen Medizin, der ärztlichen Homöopathie sowie der Phytotherapie.

Die Vergütung ist provisorisch und befristet, weil der Nachweis aussteht, dass die Leistungen der vier komplementärmedizinischen Fachrichtungen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind. Nach zwei Jahren zeichnet sich nun ab, dass dieser Nachweis für die Fachrichtungen als Ganzes nicht möglich sein wird.

Deshalb schlägt das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) vor, diese Fachrichtungen den anderen von der OKP vergüteten medizinischen Fachrichtungen gleichzustellen. Damit gälte auch für sie das Vertrauensprinzip und die Leistungen würden grundsätzlich von der OKP vergütet. Analog zu den anderen medizinischen Fachrichtungen sollen lediglich einzelne, umstrittene Leistungen daraus überprüft werden. Wie die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit angewendet werden, muss dabei für die Komplementärmedizin noch präzisiert werden.

Das EDI und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) haben die betroffenen Kreise über das geplante Vorgehen informiert und sie eingeladen, bei der Erarbeitung der Kriterien und Prozesse mitzuwirken.

Um dem Verfassungsauftrag auf diese Weise nachzukommen, müssen die Verordnung über die Krankenversicherung sowie die Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung angepasst werden. Diese können der Bundesrat beziehungsweise das EDI in eigener Kompetenz beschliessen.

Schweizer Krankenkassen sollen künftig „Alternativmedizin" bezahlen

2 Gedanken zu “Schweiz: „Komplementärmedizin soll anderen Fachrichtungen gleichgestellt werden“

  1. Da haben sich unsere Nachbarn in der Schweiz ja eine gewaltige Aufgabe gestellt, die nur mit dem klassischen Problem der Quadratur des Kreises zu vergleichen ist. Nachdem das Schweizer Wahlvolk im Mai 2009 einer Verfassungsinitiative zur Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen für alternative Therapien mehrheitlich zugestimmt hat, haben die Gegner (der Bundesrat) dieser Initiative es im Rahmen eines Gegenantrags geschafft, den Text der Initiative mit dem Zusatz zu ergänzen, dass die Kostenübernahme durch die Kassen von einem Wirkungsnachweis abhängig zu machen sei. Meines Wissens war der siebenköpfige Bundesrat (die Exekutive) mehrheitlich gegen diese Initiative. Insbesondere der damalige Bundesrat Pascal Couchepin stellte sich dagegen. Er trat dann ja auch bereits im Juni 2009 von seinem Amt als Leiter des Departement des Innern (vergleichbar mit einem Bundesminister in Deutschland) zurück. Sein Nachfolger, Bundesrat Didier Burkhalter, steht nun vor der meines Erachtens unlösbaren Aufgabe, den Willen des Wahlvolkes umzusetzen. (Burkhalter ist übrigens auch der Chef der OSZE)

    Dieses Thema wurde übrigens in diesem Blog schon mal behandelt. Siehe hierzu den Beitrag: Ayurveda: Auch Schwermetalle haben „Heilkraft“.

    Diese Story ist im übrigen ein typisches Beispiel für die Problematik des Systems der direkten Demokratie. Für das Zustandekommen einer Verfassungsinitiative sind 100’000 Unterschriften erforderlich, die innerhalb von 18 Monaten abzuliefern sind. Im vorliegenden Fall ist es Anhängern alternativer Heilmethoden tatsächlich gelungen. ihr Anliegen zur Abstimmung zu bringen. Fehlende Wirkungsnachweise haben die Schweizer Wähler nicht daran gehindert, den pseudowissenschaftlichen „Heilmethoden“ zuzustimmen und die Kostenübernahme durch die Kassen zu fordern. Nicht umsonst bin ich längst zu der Überzeugung gelangt, dass uns nur das System der repräsentativen Demokratie vor solchen Reinfällen und Irrtümern bewahren kann. Die Schweiz war ja auch das letzte Land in Europa, welches den Frauen das aktive und passive Wahlrecht (1971) zugestanden hat. Zuvor haben die männlichen Wähler jede Abstimmung zur Einführung des Frauen-Stimm- und Wahlrechts mit großer Mehrheit abgeschmettert. Die repräsentative Demokratie ist sozusagen ein Filter, der verhindert, dass sachlich nicht korrekte oder völlig unsinnige Gesetzesinitiativen den Wählern zur Abstimmung vorgelegt werden. Die größere Sachkompetenz ist schließlich in den Parlamenten zu finden. Politiker kann man zudem zur Rechenschaft ziehen und sie ggfs. abwählen. Das Wahlvolk hingegen kann man für Fehler und Irrtümer nicht abwählen und zur Rechenschaft ziehen.

    Wie dämlich sich andererseits aber auch politische Parteien bei einem Thema anstellen, beweist in diesem Fall einmal mehr die Partei Bündnis90/Die Grünen. Sie haben seinerzeit nämlich öffentlich erklärt, dass sie auf die Schweizer neidisch seien, weil es ihnen gelungen sei, die Kostenübernahme für alternative Medizin durchzusetzen. Da kommt man aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus !

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  2. Pingback: SkepKon-Rückblick: Ayurveda mit Blei ist nicht harmlos @ gwup | die skeptiker

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