Die „energetische Paranoia“ der Esoteriker


Aus einem Interview mit Johannes Fischler im österreichischen Nachrichtenmagazin profil:

profil: Wie wirkt sich der Drang nach Selbstheilung auf die
Psyche aus?

Fischler: Wer nach dem Selbstoptimierungs- und Reinheitsprinzip leben will, muss negative Gefühle hinter sich lassen. Wut und Trauer lassen sich aber nicht ausradieren. Da diesen Emotionen kein Platz gegeben wird, werden sie abgespalten und als „schlechte Energien“ in anderen Personen und Orten gespürt. Im fortgeschrittenen Stadium kann sich eine Art energetische Paranoia einstellen. Ich habe Kontakt zu Aussteigern, die das Haus nicht verlassen, weil sie Angst vor „Reptilienenergien“ haben. Sektenberatungen bieten für diese Menschen „Entfluchungen“ an. „Entfluchte“ erzählen, dass ihnen damit eine jahrelange Last von den Schultern gefallen ist. Wenn jemand glaubt, dass er ferngeheilt werden kann, glaubt er natürlich auch ans Fernverfluchen.

profil: Kann man diesem Glauben nicht mit wissenschaftlichen Erklärungen begegnen?

Fischler: Es hat keinen Sinn, mit einem Fundamental-Esoteriker auf der Ratio-Ebene zu kommunizieren. Man unterschätzt den Kultfaktor. Dass auf solchen Workshops bestimmte Erfahrungen gemacht werden, lässt sich nicht leugnen. Nur interpretieren Esoteriker diese Erlebnisse auf eine irrationale Art. Sie leben eine gemeinsame Lüge und aus dem kollektiv Verdrängten wächst eine neue Gemeinschaft. Wie bei „des Kaisers neue Kleider“ darf die Wahrheit irgendwann nicht mehr heraus.

4 Gedanken zu “Die „energetische Paranoia“ der Esoteriker

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