Buch-Tipp: „Kirchenrepublik Deutschland – Christlicher Lobbyismus. Eine Annäherung“, von Carsten Frerk


Zu Carsten Frerk muss man nicht mehr viel sagen, seine Veröffentlichungen zu den Kirchenfinanzen sind legendär. In seinem neuen Buch widmet er sich nun ganz gezielt dem christlichen Lobbyismus in Deutschland. Eine absolute Leseempfehlung, gerade für alle, die naiverweise annehmen, dass bei uns Kirche und Staat getrennt seien.

Buchbeschreibung (Alibri-Verlag):

„Carsten Frerk beschreibt, wie die Kirchen in Deutschland systematisch Einfluss auf die Politik nehmen. Dabei zeigt sich, dass katholische und evangelische Stellen in einer Weise in Gesetzgebungsverfahren eingebunden sind wie keine zweite zivilgesellschaftliche Kraft.
Das Buch untersucht – erstmalig für Deutschland – die Arbeit der kirchlichen Büros und ihre Kontakte in die Ministerialbürokratie. Dabei stößt es auf interessante personelle Überschneidungen und Karriereverläufe. Es stellt dar, über welche Kanäle die Kirchen ihre Informationen erhalten und welche Strukturen begünstigen, dass politische Entscheidungen im Sinne der Kirchen ausfallen.
Als Fazit kommt Carsten Frerk zu der Einschätzung, dass die Kirchen – wo es um ihre ureigenen Belange als Organisationen geht – die erfolgreichsten Lobbyisten der Republik sind.
Das Buch schafft Problembewusstsein für Ämterverquickung und „Seitenwechsler“. Es fordert Befangenheitsregeln für Parlamentarier und thematisiert den durch die Kirchen“

Deutschlandfunk hat Frerk interviewt:


Schulz: Es ist ja die Argumentation der Kirchen, kurz gefasst, keine klassischen Interessenvertreter zu sein, wie zum Beispiel die Gewerkschaften, die sich um Arbeitsnehmerrechte kümmern. Es geht hier um übergeordnete Interessen, Menschenrechte, Ethik… Ist es nicht so?

Frerk: Nein, nein. Das ist Lobbyismus. Kirche ist ein großer wirtschaftlicher Akteur in allen Dienstleistungsbranchen, die wir in Deutschland haben. Von der Wiege bis zur Bahre christliche Talare. Und das wird auch mit Unternehmen, Reisen, Fernsehsendern, Agenturen etc. abgedeckt. Und dieser ganze Bereich der Wirtschaft im Raum der Kirchen als Geldfluss sind 129 Milliarden Euro pro Jahr. Die deutsche Automobilindustrie hat ein Gesamtinlandsumsatz – eine vergleichbare Größe – von 127 Milliarden. Aber bei den Kirchen wird immer übersehen, wie stark sie wirtschaftliche Akteure sind.

Schulz: Einer der Kernthesen in Ihrem Buch – so verstehe ich es – ist, dass Kirchenlobbyisten besondere Lobbyisten sind, die anders als Gewerkschaften oder Wirtschaftsverbände sozusagen den normalen geltenden Lobbyregeln nicht folgen müssen.

Frerk: Und auch nicht tun. Es gibt zum Beispiel im Bundestag 40 Prozent Gewerkschaftsmitglieder. Aber es gibt keine Gewerkschaftsfraktion im Bundestag, weil da die Interessen der Gewerkschaften doch sehr, sehr unterschiedlich sind, gerade was politische Umsetzung anbelangt. Aber es gibt im Bundestag eine so genannte Gottesfraktion. Ich habe das gerade jetzt am 6. November erlebt, als die Strafbarkeit der Sterbehilfe abgestimmt wurde. Und das ist das Faszinierende, dass es eine übergreifende Fraktion gibt über die politischen Felder. Und da werden die Kirchen in der Form eines Nebenparlaments aktiv und beeinflussen das auch ganz konkret. Und das, ohne dass sie politisch dafür ein Mandat haben.

zum INTERVIEW

Anlässlich der Veröffentlichung des Buches gab es am 10.11.2015 eine Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Carsten Frerk, Ingrid Matthäus-Maier und die Juristin Jacqueline Neumann verrieten so viel zu den Machenschaften, Verflechtungen und Schandtaten zwischen Kirche und Politik, dass alle anwesenden Journalisten nur noch sprachlos waren. Es gab von ihrer Seite keine einzige Frage an das Podium … Das sollte sich wirklich jeder ansehen!

 

 

Kirchenrepublik Deutschland

3 Gedanken zu “Buch-Tipp: „Kirchenrepublik Deutschland – Christlicher Lobbyismus. Eine Annäherung“, von Carsten Frerk

  1. Pingback: Kirchenrepublik Deutschland « Omnium Gatherum

  2. Dieses Buch werde ich mir zur Wintersonnenwendfeier am 22. Dezember schenken oder schenken lassen. (Meine Adresse kann man ja bei Elke erfahren) Ich finde, dass es allmählich Zeit wird, dem Politik- und Kirchenklüngel verstärkt auf die Finger zu gucken, weil sich sonst nämlich auch in den nächsten hundert Jahren am System nichts ändert.

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