Esoterik 2.0: „Lichtarbeiter“ – Hinz und Kunz fühlt sich zum Heiland berufen


Ein Interview mit Johannes Fischler zum Esoterikbullshit und entsprechenden Veranstaltungen in der Tiroler Tageszeitung online

Warum besuchen erwachsene Menschen solche Veranstaltungen?

Fischler: Das hat mit der Narzissmus-Epidemie unserer Gesellschaft zu tun: viel Selbstverliebtheit, der Drang, sich selbst zu verwirklichen, sich als auserwählt zu sehen. „Smile or die“, lächle oder stirb, lautet die Devise. Verlierer seien selbst schuld. Wer sich nur positiv genug programmiert, erwächst quasi zum Übermenschen. Berauscht von diesem Dunst, wird man empfänglich für freudige Botschaften von Lichtwesen. Es bleibt aber nicht bei den Erwachsenen. Viele Eltern sehen in ihren Kindern wiedergeborene spirituelle Heilsbringer, so genannte Indigo-Kinder. Auch für den Nachwuchs gibt es maßgeschneiderte Esoterik, geraubte Kindheit inklusive.

Niemand wird gezwungen, an einem Engelsfestival teilzunehmen oder Geld in Essenzen zu investieren.

Fischler: Stimmt. Ich mache mich auch über die Teilnehmer nicht lustig. Wir alle brauchen dann und wann einmal das Irrationale im Leben. Doch es darf nicht so weit gehen, dass man beginnt, sich selbst, einem Messias gleich, als von oben berufenen „Lichtarbeiter“ zu betrachten. Aber genau das tun leider immer mehr Menschen, auch in Tirol.

Wer ist für solche Botschaften besonders zugänglich?

Fischler: Vor perfiden psychischen Manipulationen ist fast niemand gefeit. Einmal reingezogen, entpuppen sich intelligente Menschen oft als ärgste Fanatiker. Und der Einstieg ist einfach. Esoterische Praktiken kann man in Fortbildungskursen lernen, Hellsichtigkeit inbegriffen. Durch das Internet ist die Esoterikmaschinerie voll angelaufen. Die Involvierten bekommen das Gefühl, aktiver Teil einer neuen spirituellen Community zu sein. Keine Rede mehr von den Gurus früherer Jahre, von tagelangem Darben im Schneidersitz bei betörenden Sitarklängen: In der Esoterik 2.0 fühlen sich Hinz und Kunz zum Heiland berufen. Das Internet dient als Drehscheibe zur Selbst-Bespiegelung und zum Konsum … zum ARTIKEL

4 Gedanken zu “Esoterik 2.0: „Lichtarbeiter“ – Hinz und Kunz fühlt sich zum Heiland berufen

  1. Meine Mutter hat immer gesagt:

    „Wo der Glaube zur Haustür rausgeht, da kommt er zur Hintertür wieder rein.“ (Freitag der 13. / Katze von links nach rechts usw.) Bei den Esos ist es nur viel widerlicher: Das ist eine Kreatur des Kapitalismus. Es geht nur um die Schaffung von Abhängigkeiten und den damit verbundenen Verkauf von nicht benötigten Produkten und Dienstleistungen.

    j.

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  2. Dass aber auch Religionen (egal, welche) Abhängigkeiten unterschiedlichster Art schaffen, ist ebenfalls eine nicht zu widerlegende Tatsache. Religionen und Esoterik unterscheiden sich somit in keinster Weise.

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