Nachdem Norbert Aust und Excanwahn sich einen Vortrag von Frau Schlingensiepen und ihrem Sohn unter dem Motto „Homöopathie für Skeptiker“ aktuell angetan haben und darüber berichteten, lohnt es sich auch mal auf ihren Psiram-Eintrag aufmerksam zu machen. Bei den Ausführungen zu ihrer Erfindung, genannt „Homöopathische Quellenmethode“, komme ich nicht umhin sofort an die Schauungen von Rudolf Steiner und sein geistiges Weltengedächtnis zu denken 😉
Irene Schlingensiepen-Brysch (geb. 1958) ist eine deutsche promovierte Ärztin, Autorin und Homöopathin aus Berlin. Nach ihrem Studium der Landwirtschaft und Humanmedizin arbeitete Schlingensiepen in Göttingen am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie.
Sie ist Erfinderin der Homöopathischen Quellenmethode nach Schlingensiepen, einer Variante der Homöopathie, genauer gesagt der Sankaran-Methode. Diese pseudomedizinische Methode mit vagen psychotherapeutischen Elementen wird offenbar nur von der Erfinderin Schlingensiepen und einigen Absolventen ihrer Kurse praktiziert. Eine wissenschaftliche Anerkennung oder auch nur Rezeption blieb der Methode bislang (Stand 2014, nach 15 Jahren) versagt.
Irene Schlingensiepen ist Co-Autorin des umstrittenen Werks „Homöopathie für Skeptiker“. Schlingensiepen trat am 31. März 2014 in der Fernsehsendung (ARD) „hart aber fair“ auf (Heilen, egal wie – welche Medizin darf es denn sein?) und konnte bei dieser Gelegenheit ihr Werk „Homöopathie für Skeptiker“ einem Millionenpublikum bekannt machen.[1][2] Moderator und Homöopathieanhänger Frank Plasberg zeigte in der Sendung ein Foto des Sohns von Irene Schlingensiepen im Alter von vier Jahren, der von seiner Mutter angeblich allein durch die Gabe homöopathischer Globuli von einer schweren Asthmaerkrankung wundergeheilt worden sei. Die Erörterung, ob hier das Leiden spontan zurückging (wie es beim kindlichen allergisch bedingten Asthma z.B. im Zusammenhang mit der Pubertät häufig geschieht), wurde dabei unterlassen.
Auf ihrer Homepage behauptet Irene Schlingensiepen, dass sie von der Existenz „zwölf verschiedener Ebenen des Bewusstseins“ (12 verschiedene Bewusstseinsfenster in Krankheit und Heilung) ausgehe.[3] In der wissenschaftlichen Medizin sind derartige zwölf Bewusstseinsebenen unbekannt. In ihrem Buch „Die Quelle spricht“ wird ein „Modell der 10 Ebenen von Krankheit und Heilung“ präsentiert.
2002 gründete Irene Schlingensiepen ein privates „Institut für Systematische Quellenhomöopathie für Forschung und Lehre“ in Berlin, das der Verbreitung ihrer Lehre dient.
Homöopathische Quellenmethode nach Schlingensiepen
Irene Schlingensiepen erfand 1999 die Methode der „Quellen-Anamnese“ oder „Quellenmethode“, eine Variante der „Empfindungstheorie“ des Inders Rayan Sankaran, auch bekannt als „Sankaran-Methode“. Die Methode selbst ist dem Spektrum der Methoden der Komplexmittelhomöopathie zuzuordnen, die im offensichtlichen Widerspruch zur Lehre der klassischen Homöopathie nach Samuel Hahnemann steht. Im Gegensatz zur klassischen Homöopathie werden hier Doppel- oder Kombinationsmittel eingesetzt. Die verschiedenen Substanzen sollen sich dabei nicht gegenseitig in ihrer postulierten Wirkung beeinflussen können. Anhänger der Klassischen Homöopathen lehnen die Komplexmittelhomöopathie ab und kritisieren insbesondere, dass es für die Komplexmittelmischungen keine homöopathische Arzneimittelprüfung an Gesunden gegeben habe.
Bei dieser Methode setzt der Therapeut Mittel aus der Komplexmittelhomöopathie ein, die der Patient selbst zuvor in irgend einer Weise (zum Beispiel in „freier Assoziation“) selbst benannt hatte. Dies wird in diesem Zusammenhang dann auch von Schlingensiepen als eine „Quellenverschreibung“ bezeichnet. Von Irene Schlingensiepen eingesetzte Mittel sind dann beispielsweise „potenzierte Kängurumilch“[4], oder „Sol“, „Helium“, „Positronium“, „der Vulkan und seine Edelsteine“, „Messing“, „Hydrogenium“, „Radium bromatum“, „Plutonium nitricum“, „Granite“, „Marble“, „Geysir“, „Lava“, „Opal“, „Diamond“, „Graphites“, „Carbo mineralis“, „Petroleum crudum“, „Petrol“, „Pix liquida“, „Iron“, „Gold“, „Strontium silicatum“, „Spongia tosta“ und „Meteorit“. Weitere Mittel sind „Nepenthes“, „Narzisse“, „Feigen und Fliegen“, „Veilchen und Vögel“, „Schnecken und Schlangen“, „Antilope“ und „Tiger“.
Erstaunlicherweise wird auch potenziertes „water“ eingesetzt, was in der Komplexmittelhomöopathie als logisch unproblematisch angesehen wird. Die englische Pharmafirma Helios in Tunbridge Wells (Kent) stellt diluted water als Water element her. 4 Gramm davon kosten dann 4,15 Pfund.[5] Derselbe Hersteller bietet außerdem noch verdünnte schwarze Löcher an.
Das Buch „Homöopathie für Skeptiker“ … WEITER
Irene Schlingensiepen: “Homöopathie für Skeptiker” – selten so gelacht!
Das Beispiel „Schlingensiepen“ lässt mich einmal mehr die Frage nach der Qualität der medizinischen Ausbildung an deutschen Universitäten stellen. Ihre früheren Professoren müssten doch geradezu Sturm laufen, wenn sie mit den wirren Thesen dieser „Ärztin“ konfrontiert werden. Diese Frau stellt doch eine Gefahr für die Menschheit dar. Aber auch die ARD – vertreten durch Herrn Plasberg – muss sich die Frage gefallen lassen, wie es möglich ist, dass sie sich erlauben, der Fernsehöffentlichkeit jeden unbewiesenen Mist kritiklos – ohne die Fakten (hart) zu hinterfragen – zu präsentieren !
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Es ist ein Irrglaube, dass eine akademische Ausbildung in irgend einem Fach davor schütze, sich beim Blick über den Tellerrand zu weit überzulehnen und dabei in den Abgrund des Nonsens zu fallen. Der typische Relativitätsleugner ist nicht ein völliger Ignorant, sondern er hat ein naturwissenschaftliches Studium absolviert und endete als frustrierter Oberstudienrat. Ein Hochschullehrer im Fach Chemie sah am CERN das Weltende heraufdämmern. Ein Physiker und ein Professor für Energietechnik faseln von freier oder „Nullpunkt“- Energie und Skalarwellen. Ein Biophysiker verschwendet seine Talente an „Biophotonen“. Unter den AIDS-Leugnern finden sich Entdecker der HI-Viren. Ein Biologe leugnet die Existenz von Masern-Viren; ein anderer sieht sein Lebenswerk in der Erforschung „morphogenetischer Felder“. Bei den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sieht es nicht besser aus, eher schlimmer. Bestreitet jemand, dass es Juristen gibt, die haarsträubende Positionen vertreten? Dass der absurde „Historikerstreit“ der 80er Jahre von habilitierten Historikern vom Zaun gebrochen wurde?
Und das sind alles nur die, die im eigenen Fach am Rad drehen. Richtig gruselig wird es erst, wenn der Durchschnittsakademiker in fremden Disziplinen wildert. Im Netz kann man einen ehemaligen Rechtsanwalt am Bundesgerichtshof bestaunen, der Einsteins Relativitätstheorien bekämpft, als bedrohten diese die Grundfesten des Rechtsstaats. Eine profilierte Politologin fantasierte über HAARP, „Erdbebenmaschinen“ und Tesla-Technologien und driftete damit von der politischen Linken ins Fahrwasser der Rechtsobskurantisten. Ein Psychiater bastelte „Orgon“-Maschinen, mit denen er unter anderem Wolken vertreiben wollte.
Falls irgend jemand meinen sollte, irrationale Überzeugungen seien eine Sache der Dummen, dann erliegt er einer Lebenslüge, von der sich der Skeptiker rasch befreien sollte. Die Vordenker sind gut ausgebildet, eloquent und wissen, wie man tumbe Gefolgsleute rekrutieren kann. Ich glaube auch nicht, dass solche Leute deas Ergebnis „schlechter“ akademischer Ausbildung sind. Sie sind viel eher umgekehrt das Ergebnis persönlich erworbener vorwissenschaftlicher Dispositionen, die von überall her einwirken. Da kann man dann lehren, was man will – solche Leute fallen irgendwann über den Tellerrand. Unter denen, die abstürzen, sind es eben die mit einem Titel.
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… in der populären Fassung:
„Du musst wissen, Handlesen, Horoskop, Feng Sushi, das sind heute weit verbreitete Krankheiten, wo man aufpassen muss, dass man sich nichts holt. Da wird viel eingeschleppt durch den Sioux-Tourismus, wo sie extra nach Amerika fliegen, damit sie den Indianern auf den Geist gehen, weil eine Ärztin macht im zweiten Bildungsweg Handlesen, oder ein Bankdirektor ist einfach froh, wenn er weiß, meine Frau ist beim Voodoo gut aufgehoben.“
Wolf Haas, „Das ewige Leben“
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