Bereits am 15.04.2010 hat das Oberlandesgericht Hamm ein Urteil erlassen nachdem die Bewerbung homöopathischer Mittel unter Angabe von Anwendungsgebieten unzulässig ist:
Leitsatz:
Die Werbung für homöopathische Arzneimittel unter Angabe der Anwendungsgebiete ist unzulässig. Gerade bei homöopathischen Medikamenten ist ein Wirksamkeitsnachweis für ein bestimmtes Anwendungsgebiet kaum zu führen. Das Verbot dient dem Schutz der Verbraucher vor einer fehlerhaften Selbstmedikation.
Sachverhalt:
Der Beklagte war Herausgeber einer Fachzeitschrift, in der auch eine Werbung für ein homöopathisches Präparat unter Angabe des Anwendungsgebietes geschaltet worden war. Der Kläger monierte diese Reklame, da nach seiner Auffassung, das Heilmittelwerbegesetz derartige Werbung untersage.
Der Verbraucher solle mittels des Werbeverbotes davor geschützt werden, fehlerhafte Selbstmedikationen vorzunehmen und damit möglicherweise seine Gesundheit zu gefährden. Er begehrte daher Unterlassung.
Entscheidung:
Die Richter gaben dem Kläger Recht.
Sie begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Heilmittelwerbegesetz ein Werbeverbot für homöopathische Präparate mit Angabe der Anwendungsgebiete vorsehe, wenn die Mittel nach dem Arzneimittelgesetz registriert oder von der Registrierung ganz abgesehen worden sei. Ein Wirkungsnachweis sei – wenn überhaupt – nur schwer feststellbar.
Da die tatsächliche Wirkung und die Überprüfung kaum nachgewiesen werden könne, solle das Werbeverbot die Verbraucher vor fehlerhaften und gesundheitsgefährdenden Selbstmedikationen schützen. Eine Beschränkung zwischen Fachkreisen und Verbrauchern werde hierbei nicht gemacht. Daher sei es unerheblich, ob sich die Reklame in einer Fachzeitschrift befunden habe oder in einer anderen Zeitschrift.“
Das heißt im Klartext, dass davon jede homöopathische Haus- und Reiseapotheke, jedes Komplexmittel und jegliches Homöopathikum spätestens ab D12 der Homöopathie-Pharma, alles in Apotheken erhältlich, betroffen sein müssten. In diesem Bereich gibt es nichts, das ohne Indikation auskommt, ansonsten gäbe es ja auch keine Selbstmedikation und überhaupt keinen Verkauf außerhalb der Verordnungen nach einer Anamnese bei einem „klassischen“ Homöopathen. Einzig und allein die „klassische“ Homöopathie kommt mit ihren sogenannten „Konstitutionsmitteln“ ohne Angabe von Anwendungsgebieten aus, da es dabei immer um DAS passende Mittel für EINE spezielle Person geht, welches der Homöopath auswählt. Nicht verwunderlich, dass sich auch „klassische“ Homöopathen in der Regel gegen den „zu verwenden bei …“ Verkauf von Homöopathika wehren bzw. ihn als Veruntreuung der Homöopathie bezeichnen.
Die anwendungsbezogene Werbung findet sich heute jedoch massig in allen Medien und in den meisten Apotheken. Das Urteil des OLG Hamm sollte daran eigentlich etwas ändern.
Hamburger Skeptiker kümmern sich um Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz – Hinweise erbeten! Vorträge zur Homöopathie täuschen den Verbraucher …
Der aufgeklärte Teil der Menschheit weiß zwar längst, dass homöopathische Mittelchen völlig unwirksam sind. Weshalb schafft es denn der Gesetzgeber nicht, diese volksverdummende „Medizin“ ganz zu verbieten ? Das wäre doch ganz im Sinne eines wirksamen Konsumentenschutzes. Wenn nämlich kein Wirkungsnachweis erbracht werden kann, ist dies doch ein ausreichender Hinweis darauf, dass es sich bei der Homöopathie um eine auf Betrug angelegte Bauernfängerei handelt. Nur anwendungsbezogene Heilmittelwerbung zu verbieten, bringt doch rein gar nichts. Das ganze Zeugs gehört verboten !
Die Produzenten homöopathischer Mittelchen (das gilt auch für die immer mal wieder im Fernsehen beworbenen Schüssler Salze von Pflüger) setzen offenbar auf die Mundpropaganda ihrer allzu gutgläubigen Kundschaft. Diesen Menschen genügt es offenbar, wenn in der Fernsehwerbung erklärt wird, dass das „P“ in den Tabletten ein Gütekennzeichen und ein Qualitätsmerkmal seien. Ein Qualitätsmerkmal für was ?
Dass homöopathische Globuli, Schüssler Salze, Bachblüten usw. in Apotheken angeboten, verkauft und von den Apothekern gar empfohlen werden, ist leider eine Tatsache. Da stellt sich mir die Frage, ob diese Empfehlungen von Apothekern nicht ebenfalls gegen das Heilmittelwerbegesetz verstoßen !? Auf jeden Fall ist der Pflichtsatz in der Arzneimittelwerbung: „…über Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker…“, was die Gilde der Apotheker anbetrifft, eine ziemlich fragwürdige Empfehlung.
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Klassischer Leserbrief 🙂 Wieso das so ist, hatte ich dir ja schon mal an anderer Stelle geschrieben. Das ist die schleichende Legalisierung des Betrugs durch überzogene Liberalisierung. Angelehnt an Johan Galtungs Begriff der Strukturellen Gewalt, könnte man hier auch – sofern es um den Bereich Esoterik- und Psychomarkt sowie die so genannte Alternativmedizin geht – von Strukturellem Betrug sprechen. Den zu stoppen und zurück zu drängen, wäre ein legislative Aufgabe der Politik. Die Rechtssprechung wuselt nur in dem herum, was sie an wabbeligen Gesetzen zur Verfügung hat.
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Kommt man an den Originaltext des Urteils heran? Da könnten nämlich Fallstricke enthalten sein.
Hier wird von ‚Werbung für ein homöopathisches Präparat unter Angabe des Anwendungsgebietes‘ gesprochen. Also etwa so: ‚Nehmen Sie unser Präparat Arnica D6 bei Verstauchungen‘. Das Werbung für einbestimmtes Produkt, nämlich ‚unser Präparat‘, das damit zum Verkauf angeboten wird.
Üblicherweise wird aber anders verfahren:
Die Apotheke bietet in ihren Verkaufsräumen die Homöopathika an, ebenso die Versandapotheken bzw. die Hersteller im Internet, jedoch ohne Angaben des Anwendungsgebietes. Beispielsweise Arnica D6 von der DHU. Dann veröffentlicht man Berichte – oder hält entsprechende von der DHU gesponsorte Vorträge – dass Arnica D6 generell eine gute Sache bei Verstauchungen sei, ohne sich direkt auf das Produkt der DHU zu beziehen.
Und schon ist es keine ‚Werbung für ein homöopathisches Präparat‘ mehr. Dass sich in den 4 1/2 Jahren, seit dieses Urteil besteht, offensichtlich nichts geändert hat, deutet auf eine solche Problematik hin.
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Herr Dr. Aust – folgend zum Urteil im Orginaltext -> http://openjur.de/u/146336.html
ab 31 folgend:
Nach § 5 HWG darf für homöopathische Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, mit der Angabe von Anwendungsgebieten nicht geworben werden. Sinn und Zweck dieser Regelung sind in engem Zusammenhang mit der Zielsetzung der arzneimittelrechtlichen Sonderregelungen über die Registrierung von homöopathischen Arzneimitteln im Arzneimittelgesetz (§§ 38, 39) zu sehen. Anders als bei den zugelassenen Arzneimitteln werden beim nur registrierten Arzneimittel die Wirkungen und Anwendungsgebiete nicht überprüft, weil ein Wirksamkeitsnachweis typischerweise insoweit nicht oder kaum zu führen ist. Mangels nachgewiesener Wirkungen und entsprechender Überprüfungen soll der Verbraucher auch mittels des Werbeverbots vor einer fehlerhaften Selbstmedikation geschützt werden (vgl. BT-Drucks. 7/3060, S. 52 f.; Doepner, HWG, 2. Aufl. 2000, § 5 Rn. 2, 5; Bülow/Ring, HWG, 3. Aufl. 2005, § 5 Rn. 4 ff.; Fezer-Reinhart, UWG, 2005, § 4-S4 Rn. 421). Dabei wird grundsätzlich nicht zwischen Fachkreisen und Verbrauchern unterschieden.“
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Wenn ich das Urteil richtig verstehe, müsste das hier passen:
Ob Erkältung, Schlafstörungen, Magen-Darm-Infekt oder Beschwerden am Bewegungsapparat – in der Homöopathie gibt es das passende Mittel. Mit dem Grundprinzip „Gleiches wird mit Gleichem geheilt“ hatte schon vor 200 Jahren Samuel Hahnemann Erfolg. An diesem Abend werden homöopathische Mittel (z.B. Arnica, Belladonna, Apis, Nuxvomica usw.) erklärt, um sie gezielt einzusetzen.
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so schaut es offensichtlich aus, vergleichbar hatte ich an die vhs straubing geschickt, ich weiß jetzt nicht ob du bereits davon gehört hast 😉
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Das passt wie die Faust aufs Auge.
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Hallo Norbert,
und wie siehst Du diese Apothekenwerbung?
http://www.kulmbach-untere-apotheke.de
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Wenn dieses Bild hier verschwindet ist es offensichtlich auf der Internetseite gelöscht.
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Dazu gibt es nur eins zu sagen:
Nicht lange rum fackeln und irgendwelche Leute anschreiben, denen das am Bein vorbeigeht, sondern Anzeige erstatten, Anzeige erstatten und nochmal Anzeige erstatten. Dann wird das mit der Zeit alles etwas genauer gerichtlich geklärt werden.
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Wobei es mir persönlich nicht darum ginge, dass irgend jemand bestraft wird, sofern es sich nicht um eine schlimme Sache handelt, z.B. wie bei Hamer und Konsorten. Es geht einfach darum, dass die Leute mit dem Quatsch aufhören und sich einer anständigen Erwerbstätigkeit zuwenden. Das sind ja nicht alles Schurken.
Nur, wenn eine Apothekerin versucht, einem wirkungsloses Zeug anzudrehen, man sie daraufhin aufmerksam macht, dass das Humbug ist und außerdem rechtlich bedenklich, sie dann einen anguckt wie eine Kuh wenn’s blitzt und schnippig wird, was soll man da machen? Sie übers Knie legen? Das wäre unzivilisiert. Also bleibt einem nichts anderes übrig, als zur Tastatur zu greifen. Dann wird das schon irgendwie geklärt werden.
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Ähnlich sehe ich das auch. Ich mag das mit der Vorgehensweise im Straßenverkehr vergleichen. Ein Ordnungsgeld hat ja auch einen pädagogischen Wert und wenn alles nicht hilf, naja …. Ich mag es nur nicht mit dem wirtschaftlichen Druck entschuldigen. Als Autofahrer kann auch nicht als Ausrede gelten, man hätte es ausgerechnet jetzt eilig gehabt, sei sonst ja ganz unbescholten.
Im Gesundheitsbereich ist das ganze vllt. gravierender, da soll man oft erwähnte Homöopathieopfer nicht vergessen, bis hin zum Todesfall.
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Hat dies auf FSMoSophica rebloggt und kommentierte:
Wen kümmert das eigentlich?
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